Die COVID-19-Pandemie hat in den letzten Monaten auch das Thema „Impfen“ wieder stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht. Nach einer intensiven Entwicklungs- und Testphase sind nun einige Impfstoffe auf dem Markt, die bereits in vielen Ländern zum Einsatz kommen. So steigt auch in Deutschland die Zahl der gegen COVID-19 geimpften Menschen jeden Tag kontinuierlich an. Sowohl in den sozialen Netzwerken als auch den Feuilletons der großen Zeitungen werden beispielsweise die Funktionsweisen der verschiedenen Impfstoffe oder Aspekte der Impfpriorisierung gelegentlich kontrovers diskutiert.
Impfen als Teil der Schwangerenversorgung
Immer häufiger geht es dabei aber auch um die Frage, ob sich Schwangere ebenfalls gegen COVID-19 impfen lassen sollten. In Großbritannien und den USA ist es bereits Praxis und auch die WHO hat dazu entsprechende Empfehlungen verfasst. Was bei diesen Diskussionen noch einmal deutlich wird: Impfen ist aus gutem Grund ein zentrales Element in der Schwangerenversorgung. Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sind angehalten, im Vorfeld ihre Impfungen aufzufrischen, denn so lassen sich viele Erkrankungen vermeiden, die die Schwangere und ihr Baby gefährden können. Mechthild Groß sieht das ähnlich. Die Professorin für Hebammenwissenschaft an der Medizinischen Hochschule Hannover betont im Gespräch mit EFCNI: „Wir alle müssen neben den eigenen Erkrankungen, die uns infektiös betreffen können und auf die der Körper mit einer Immunantwort reagiert, natürlich auch daran denken, dass wir bei einigen Erkrankungen den Körper unterstützen können, um den Ausbruch einer Erkrankung zu vermeiden“. Ihr ist es deshalb wichtig, dass Frauen eine gute Grundimmunisierung schon vor der Schwangerschaft aufbauen.
Das Impfen vor Beginn einer Schwangerschaft ist aber nur ein Element einer guten, umfassenden Vorsorge. Auch das Impfen während der Schwangerschaft gehört zur gesundheitlichen Versorgung der werdenden Mutter dazu. Professorin Mechthild Groß erläutert dazu: „Wenn eine Frau sich gut und umfassend auf die Schwangerschaft und auf ihr Kind vorbereitet, dann achtet sie auf ihre Ernährung und auf bestimmte Lebensstilumstände. Ich würde dem Thema Impfen daher genau die gleiche Bedeutung beimessen wie verschiedenen anderen Aspekten des Lebensstils“. Kurz: Das Impfen vor und während der Schwangerschaft ist ein weiterer hilfreicher Baustein, der Mutter und Kind schon vor der Geburt schützen und auf ihrem Weg unterstützen kann.
Keuchhusten – gefährlich für Früh- und Neugeborene
Neben COVID-19, das in den letzten eineinhalb Jahren die Berichterstattung zu Gesundheitsthemen dominiert hat, gibt es aber auch noch andere ernste Krankheiten, bei denen das Impfen vor bzw. während der Schwangerschaft sinnvoll sein kann. Eine dieser Krankheiten ist der Keuchhusten. Hinter dem auf den ersten Blick eher harmlos anmutenden Namen verbirgt sich eine hochansteckende Infektionskrankheit, die gerade für Früh- und Neugeborene schnell gefährlich werden kann. Mechthild Groß warnt dabei, dass Keuchhusten bei Säuglingen lange Hustenattacken und Atemaussetzer auslösen kann. Insbesondere die Länge der Erkrankung – Keuchhusten kann sich über Wochen hinziehen – mache die Krankheit für Neugeborene so schwierig.
Impfen gegen Keuchhusten in der Schwangerschaft
Glücklicherweise lässt sich durch eine Impfung einer Keuchhustenerkrankung gut vorbeugen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt bei Babys eine Impfung in mehreren Teilschritten ab dem vollendeten 2. Lebensmonat. Das bedeutet aber auch, dass Neugeborene in ihren ersten Lebensmonaten – also genau dann, wenn sie am empfindlichsten sind – nicht vor Keuchhusten geschützt sind. Eine Erkrankung kann in diesem Zeitraum dann schnell lebensbedrohlich werden.
Die STIKO hat daher im März 2020 ihre Impfempfehlung erweitert und empfiehlt Schwangeren zu einer Impfung gegen Keuchhusten während der Schwangerschaft – genauer gesagt zwischen der 28. und 32. Schwangerschaftswoche. Besteht der Verdacht auf eine Frühgeburt sollte bereits früher geimpft werden. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass sich durch eine Impfung die Anzahl der Keuchhusten-Antikörper im Blut der Mutter erhöhen und es zu einer Übertragung auf das ungeborene Kind kommt. Das Baby kommt dann bereits geschützt zur Welt.
Ist das Antikörperniveau allerdings zu niedrig, ist die Mutter zwar gegen Keuchhusten geschützt, aber die Übertragung auf das Ungeborene findet nicht statt. Deshalb kann insbesondere bei unzureichendem Antikörperstatus in jeder Schwangerschaft, unabhängig vom Datum der letzten Impfung, erneut gegen Keuchhusten geimpft werden. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass auch die Mutter ihren Keuchhustenschutz auffrischt. Eine Keuchhustenerkrankung in der Schwangerschaft kann nämlich unter Umständen zu vorzeitigen Wehen führen.
Kein Grund zur Sorge
Wegen der Impfung Sorgen machen muss sich die Schwangere aber nicht. Wie Professorin Groß erklärt, wird für die Impfung ein sogenannter Totimpfstoff verwendet: „Es werden der Schwangeren keine lebenden Anteile von Bakterien oder Viren zugeführt“. Sie führt weiter aus, dass sich in der Praxis sogenannte Kombinationsimpfstoffe sehr bewährt haben, wodurch die Schwangere neben Keuchhusten auch noch gegen verschiedene andere Erkrankungen geimpft wird. Mechthild Groß kann beruhigen: Impfen in der Schwangerschaft stelle keine Gefahr für Mutter oder Kind dar. „Das ist natürlich auch durch Studien belegt“, betont die habilitierte Hebamme.
Zum Abschluss des Gesprächs fasst die Professorin ihren Ansatz noch einmal zusammen. Ihr sei es wichtig, „dass wir die Frauen in das gesunde Leben begleiten. Wir wollen durch eine Unterlassung nicht etwas generieren, was sich dann zum späteren Zeitpunkt unglücklich entwickeln könnte.“ Impfen vor und während der Schwangerschaft schließt sie dabei explizit mit ein.
Mehr zum Thema Keuchhusten-Impfung in der Schwangerschaft finden Sie auch auf unserer Kampagnenwebsite. Die Videos zum Interview mit Professorin Mechthild Groß finden Sie in unserer Playlist.